Mein Rückblick und Fazit zum 71. Genealogentag

Das war er nun, der 71. Genealogentag in Gotha vom 13.-15. September 2019. Auch bekannt unter dem Social Media Hashtag #71DGT19.

Ich bin frohen Mutes nach Gotha gefahren, denn die Veranstalter hatten 2015 die Messlatte wirklich hoch gehängt. Und so hatte ich mich auf eine tolle Veranstaltung gefreut.

Aber irgendwie war dieses Jahr alles anders, wobei ANDERS nicht unbedingt SCHLECHTER bedeuten muss.

Was allerdings eine Katastrophe war, war schon der Anmelde- und Registrierungsprozess auf der Webseite des Genealogentags. Und ich muss auch nicht verstehen, warum man sich für die einzelnen Vorträge anmelden sollte, wenn während der Veranstaltung dann gar nicht kontrolliert wurde, ob die Anwesenden sich wirklich angemeldet hatten.

Wir konnten leider nicht wieder in die wunderschöne Orangerie gehen, sondern mussten in die Stadthalle ausweichen. Aber auch die stellte sich als passender Veranstaltungsort heraus.

Der kleine Saal und der Tanzsaal wurden als Vortragsräume herausgeputzt, im ersten Stock wurde ein „Ausstellerforum“ eingerichtet, in dem sowohl ancestry, als auch myHeritage* und Archion in Kurzvorträgen ihre Produkte vorstellen konnten. Ich habe mir die Veranstaltungen von myHeritage* und ancestry angehört und fand die sehr spannend, weil sie beide mit einigen Mythen im Bereich DNA Genealogie aufgeräumt haben.

Aber was war noch anders?

Gefühlt gab es keine „Fremden“ beim Genealogentag. Einige würden jetzt sagen, das ist doch positiv – dass die Genealogencommunity sich einfach kennt.

Aber es war einfach so: ich habe bewusst niemanden wahrgenommen, den ich nicht schon von den vorherigen Genealogentagen kannte. Und sei es auch nur vom Sehen. Und das lässt darauf schliessen, dass es keine Besucher gab. Niemanden, der nicht sowieso schon Teil von Vereinen, Verbänden etc. ist. Kein Gast, der einfach interessehalber vorbei schaut. Und das fand ich nicht nur schade, sondern bestürzend. Zeigt es doch für mich, dass unsere kleine Gemeinschaft etwas „inzestuös“ ist.

Und für mich persönlich schlug auch Dirk Weißleder, der Vorsitzende der DAGV am Freitag Abend bei der Eröffnung in dieselbe Kerbe. Er fand mahnende Worte sowohl an den Verband als auch an die Vereine, sich zu öffnen. Nicht in bestehenden Strukturen zu verbleiben, sondern mit neuen Ideen und Formaten auch attraktiv für andere Leute zu werden, besonders auch für die jüngere Generation. Wobei bei uns ja knapp 30 schon „jünger“ ist. Ich konnte kaum glauben, dass ich ihm applaudieren wollte. Die lobenden Worte hat er von mir auch bekommen, denn wer kritisiert, muss auch zustimmen, wenn es passt.

Ausstellung

Die Ausstellungsfläche war mit den üblichen Verdächtigen besetzt. Besonders gefreut habe ich mich über „meine“ Lübecker, die nicht bei jedem Genealogentag dabei sind. Und ganz neu dabei waren z.B. der Verein „Pleißenländische Familie und Geschichte e.V.“, bei dem ich sofort wegen meiner Lausicker Vorfahren vorstellig wurde, und Heredis*, ein französischer Softwareanbieter. Leider habe ich deren Vortrag verpasst.

Vorträge

Das Angebot an Vorträgen war durchwachsen. Leider haben wohl fünf der 25 Vortragende kurzfristig abgesagt. Vier davon konnten genauso kurzfristig ersetzt werden, so entstand keine große Lücke im Programm.

Und ich war dieses Mal wirklich fleissig. Ich habe doch tatsächlich neun Vorträge und Präsentationen besucht, ein paar möchte ich hervorheben.

Tino Hermann von der AGT stellte ein großartiges Projekt vor, nämlich die Thüringer Auswandererdatenbank. Wobei ich mich gleich gefragt habe, wieso eigentlich auf Thüringen beschränken? Ich bin mir sicher, dass es in anderen Vereinen auch fleissige Mitglieder gibt, die darüber Aufstellungen erarbeiten. Und sei es auch nur auf Karteikarten. Warum also nicht alle zusammen bringen? Ich habe mich am Sonntag kurz mit Tino darüber unterhalten. Und jeder, der Interesse oder vielleicht auch schon Daten hat, kann sich gerne mit ihm in Verbindung setzen.

Die Dresdener Sütterlinstube hat mit Franz Neugebauer zwei hervorragende Vorträge angeboten. Ich hatte es irgendwie verpasst, dass der erste eine theoretische Einführung in die Entwicklung der deutschen Schreibschrift war und habe schon ganz aufgeregt auf den Moment gewartet, in dem Zettel und Stift ausgeteilt wurden. Aber die Theorie war so spannend und fesselnd vorgetragen, dass mir gar nicht langweilig wurde. Im Gegenteil, ich hätte Herrn Neugebauer stundenlang zuhören können.

Es gab auch eine kleine Denksportaufgabe, die ich mit dem Netz teilte. Und da ich ja gemein bin und keine einfachen Aufgaben stelle, habe ich grinsend zugeguckt, wie lauter falsche Antworten eintrudelten 🙂

Und übrigens – es ist ein G! Ja, genauso habe ich auch geguckt 🙂

Ein Vortrag, von dem ich mir mehr erwartet habe, war der von Manfred Wegele. Das Thema war die Erstellung von Ortsfamilienbüchern (OFB).

Und ich hatte mir irgendwie mehr WIE und weniger WAS erhofft. Sprich mehr über die Vorgehensweise und Quellen, als über Inhalte und persönliche Anekdoten seiner OFB.

Auch war die „Einführung in die DNA Genealogie“ alles andere als eine Einführung. Ich bin da wirklich mittendrin ausgestiegen. Und habe mir dann den zweiten Teil davon gespart und habe mich lieber mit anderen Forschern getroffen.

Denn das ist der Genealogentag auch immer – ein Klassentreffen.

Mein persönlicher Eindruck? Dieser Genealogentag fühlte sich anders an. Er war nicht so gut besucht und auch viele aus unserer Community waren nicht vor Ort.  Die Ausstellungsfläche war oft leer. Mir fehlte diese aktive Spannung, die die letzten Genealogentage auszeichnete. Ich hoffe, das war nur eine Momentaufnahme und zeugt nicht von der weiteren Entwicklung der genealogischen Vereine in Deutschland.

Mein Fazit? Wenn möglich, werde ich die Genealogentage auch weiterhin besuchen, denn ich mag das Klassentreffengefühl. Aber ich werde meine Erwartungen definitiv runterschrauben.

Wie geht es weiter?

Der nächste Genealogentag findet vom 28. bis 30. August 2020 in Tapfheim statt. Bis zur Mitgliederversammlung des DAGV am Sonntag gab es noch keinen Ausrichter und ich bin sehr froh, dass sich mit der Bezirksgruppe Schwaben des Bayerischen Vereins für Landeskunde ein tolles Team zur Verfügung gestellt hat, um 2020 zu organisieren.

Ich hoffe, dass trotz der knappen Zeit für die Vorbereitung dennoch die Zeit gefunden wird, sich in der Community umzuhören, was die Besucher denn möchten und erwarten. Und ich hoffe auch wieder für einen „Call for Papers“, denn ich halte nichts davon, wenn die Ausrichter einzig nach Vorliebe entscheiden, wer denn wohl beim Genealogentag aktiv präsentieren darf.

Weicht bitte ab von den üblichen Verdächtigen! Das ist meine Hoffnung.

Und ich hoffe, wir sehen uns alle 2020 in Tapfheim!

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