Wie machen wir die Ahnenforschung jünger? 

Das war der Titel der ersten Podiumsdiskussion auf dem Deutschen Genealogentag. Jedenfalls war es meines Wissens nach die erste.

Bitte korrigiere mich jemand,wenn ich falsch liege.

Matthias Daberstiel vom Dresdener Verein für Genealogie e. V. führte durch die Diskussion.

Mit über 20 Jahren Chorerfahrung hat er auch hervorragend überspielt, dass die Technik nicht so wollte, wie vorgesehen. Denn er musste ohne Mikrofon in die Arena.

Ich hatte mich sehr gefreut, dass Matthias mich für die Diskussionsrunde angefragt hatte, denn die ‚Verjüngung‘ der Ahnenforschung ist für mich eine Herzenssache.

Mit mir auf der Bühne saßen Lars Thiele, seines Zeichens Archivbegleiter und mit Mitte 30 tatsächlich der Jüngste von uns. Daneben Alexandra Rudhart, Journalistin und Pressesprecherin von ancestry Deutschland sowie Timo Kracke, der Mann hinter „Der Genealoge“ und „Die Familienforscher„, einem Projekt, dass Kinder und Jugendliche an die Ahnenforschung heranführen soll.

Und was waren sie nun, die Thesen und Schlussfolgerungen?

Natürlich hatte jeder von uns einen etwas anderen Blickwinkel. Aber ganz generell waren wir uns über die folgenden Punkte einig.

Es zählt die Zielgruppe

Es ist eigentlich wie in jeder Form von Kommunikation. Das wichtigste ist die Zielgruppe. Also müssen wir dorthin gehen, wo sie ist. In die Schulen, Kindergärten, Projektwochen, Ferienpass-Aktionen.

Dann sprecht die Sprache der Zielgruppe. Ich habe es in der Runde etwas provokativ gesagt: wenn man unser Hobby dann mal in den Medien präsentiert sieht, ist es ein grauhaariger Mensch, der sehr stolz seine Errungenschaft der letzten 40 Jahre in Form einer ewig langen Ahnentafel oder einer dicken Familienchronik in die Kamera hält. Ich bleibe dabei: damit lockt man in Zeiten von Instagram, Snapchat und Facebook keinen jungen Menschen mehr in die Ahnenforschung. Das ist unsexy!

Aus Raider wird Twix

Kennt einer von Euch noch Raider? Es hat seit einigen Jahren einen neuen Namen.

Was mich zu meinem nächsten Punkt bringt. Der Name „Ahnenforschung“ – für viele junge Leute hat er etwas total verstaubtes. Ahnen? Das sind doch die langweiligen toten Leute, von denen sowieso keiner mehr spricht? Ich rede mittlerweile von Familienforschung oder Genealogie. Und ja, ich weiß, dass Ahnen- und Familienforschung nicht dasselbe sind, aber die meisten von uns betreiben sowieso Familienforschung. Und die Familie ist ein lebendes Gebilde mit spannenden Geschichten.

Gebt dem Kind einen anderen Namen – manchmal hilft es. Einfach mal ausprobieren.

Was habe ich davon?

Das nächste sensible Thema: soziale Netzwerke. Kann man Ahnenforschung auch ohne betreiben? Natürlich kann man das. Man kann es übrigens auch ohne Vereine machen. Die Frage ist: was ist der Mehrwert? Was habe ich davon?

In beiden Fällen geht es um Austausch und Vernetzung. Und ich erinnere an den Ratschlag weiter oben. Geht dorthin, wo die Zielgruppe ist. Und die ist nunmal in den sozialen Medien aktiv. Und übrigens nicht mehr so sehr bei Facebook, seitdem wir „Alten“ es für uns entdeckt haben 🙂

Und das wichtigste: lernt selbst, verantwortungsvoll damit umzugehen. Denn wenn Ihr die jüngere Generation, kommt Ihr daran nicht vorbei.

Ich stehe da gerne hilfreich zur Seite!

Kleine Bissen und gut kauen!

Was für die Ernährung gilt, ist auch für die Genealogie richtig. Brecht die Themen herunter. Macht es kleiner.

So senkt sich die Hemmschwelle. Denn jetzt mal ehrlich, wer hat denn von uns als Profi angefangen? Wir haben alle klein angefangen. Aber manche denken, dass jeder unser Level an Wissen haben muss.

Mal als Beispiel: Quellen sind wichtig. Aber gleich eine Grundsatzdiskussion eröffnen, was wie zitiert werden muss? Damit verschreckt man jeden Neuling, egal ob 12 oder 40.

Es müssen schnell Anfangserfolge her, ansonsten sind die Kinder wieder weg. Das mag uns gefallen oder auch nicht. Aber so ist es. Von daher kleine Themen und Aufgaben. Einfach recherchierbar.

Und schick muss sein

Das gilt nicht nur für Schuhe, sondern auch für die Genealogie. Es muss gut aussehen. Benutzeroberflächen von Tools müssen selbsterklärend sein. Intuitiv zu bedienen. So wie andere Apps auch. Wischen und tippen statt klicken. Schnell und einfach von A nach B kommen.

Auch die Präsentation der eigenen Forschung sollte interaktiv sein. Wie oben gesagt, Papierberge sind unsexy.

Videos, Fotos, Geschichten – nicht nur Zahlen und Fakten.

Und manchen ist einfach nicht zu helfen

Aber eine Erkenntnis? Manche alten Damen und besonders Herren gefallen sich in ihrem Rentnerhobby und wollen es auch gar nicht anders. Da wird Besitzstand verteidigt, als gelte es die nächste Inflation zu bekämpfen.

Und da sage ich wieder ganz provokativ: irgendwann zieht da dann die biologische Lösung.

12 Gedanken zu “Wie machen wir die Ahnenforschung jünger? 

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  4. ich habe meine Forschung mit 14j angefangen, ohne großartig darüber nachzudenken, wie das heisst, was ich da mache.. sondern weil mich mir dachte, was die Queen kann, kann ich schon lange. Jeden zu seiner Familie zu zählen, der irgendwann einmal aus der selben Linie stammte .. das Interesse zu wecken ist das Wichtigste, da ist es egal, wie man es nennt und es ist nun mal die Forschung nach Seinen Ahnen, wer damit nicht zurecht kommt, wird sich wahrscheinlich auch nicht für die Vergangenheit interessieren ..

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      • meiner Erfahrung nach denken sie genauso, solange man ihr Interesse weckt. Meinen einen Neffen interessiert es, den Anderen nicht … und ich kenne viele, die mich fragen, wer ist denn nun wie mit wem verwandt ..
        Der Inhalt wird nicht interessanter, weil er einen neuen Namen hat.

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      • doch, für viele wird er das schon, weil alleine das Wort „Ahnenforschung“ langweilige Assoziationen weckt, noch bevor sie sich damit beschäftigen. Natürlich hilft es immer, wenn jemand in der Familie schon dabei ist. Aber um die zu erreichen, die bisher noch überhaupt keinen Berührungspunkt damit hatten, nutzen wir alles, was möglich ist. Und sei es Raider -> Twix 🙂 Und es ist ja nur EIN Vorschlag unter vielen. Bei manchen funktioniert es, bei anderen nicht.

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  5. Liebe Barbara,
    auch mir hat es viel Spaß gemacht und ich bekam danach das Feedback, das solche Formate für Diskussion und Austausch jetzt immer zu den Genealogentagen gehören sollten. Leider war etwas zu wenig Zeit für Fragen. Aber es war ja auch die erste Podiumsdiskussion dieser Art. 😉
    Viele Grüße aus Dresden
    Matthias Daberstiel

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